Prinzessin unter Verdacht

Sie zählt zur High Society von Frankfurt, manch einer in der Stadt wollte sie als „Mensch des Jahres“ lobpreisen. Doch jetzt steht Prinzessin Odette Maniema Krempin im Mittelpunkt böser Spendenvorwürfe.

Frankfurt. Was haben wir sie bewundert, beweihräuchert, hingebungsvoll. „Jüngste Honorarkonsulin Deutschlands“, „Frankfurts schönste Diplomatin“, „bekannteste Modedesignerin Afrikas“ – die Superlative, die ihre Einzigartigkeit umschreiben könnten, wurden schon knapp. Eine Berliner Zeitung fabulierte hingebungsvoll: „Sie gehört zu den Menschen, die mit ihrer Anwesenheit die Stimmung in einem Raum verändern.“

Wow.

Prinzessin Odette Maniema Krempin, wohnhaft in Frankfurt, 33 Jahre jung, unstrittig bildschön, hinreißend charmant. Und nun dies: Die Prinzessin unter Verdacht. Geld soll sie gesammelt haben, um Gutes zu tun in ihrer fernen Heimat und auch bei uns, hier in Frankfurt. Mit bezauberndem Lächeln und warmen Worten soll sie erst die Herzen und dann die Geldbörsen geöffnet haben – angeblich, weil sie Gutes tun wolle für die Armen und Schwachen, für benachteiligte Kids und vergewaltigte Frauen.

Und? Wo ist all das schöne Geld geblieben? Das fragte gestern Abend das ZDF-Magazin „Frontal 21“; auch Redakteure dieser Zeitung forschten nach – und stießen auf eine abenteuerliche Gemengelage aus Protzerei, Großkotzigkeit und allerlei Merkwürdigkeiten.

Fakten am Rande: Die Deutschen spenden jedes Jahr etwa drei bis fünf Milliarden Euro an rund 600.000 Vereine und 15.000 Stiftungen. Mit anderen Worten: Hier geht’s um verdammt viel Geld.

Wir spenden nicht wenig, wir spenden auch gerne – und wir haben ein Anrecht darauf zu erfahren, was mit unserem Geld passiert. Damit es dort ankommt, wo Hilfe Not tut. Damit es nicht in dunkle Kanäle verschwindet, damit sich nicht Betrüger dreist bereichern.

Bei Prinzessin Odette ist es nicht ganz einfach, Klarheit zu finden. Die Geschichten über ihre Herkunft – Tochter eines kongolesischen Adelsgeschlechts aus dem 16. Jahrhundert; Erbin einer Goldmine; mit 14 Umzug nach Frankreich, Besuch einer Modeschule in Paris, Ausbildung zur Textilingenieurin in Marrakesch, Inhaberin mehrerer Geschäfte in Afrika – die hat sie alle selbst erzählt, die klingen wie ein Märchen, sind wohl auch deshalb kaum zu verifizieren – deshalb: geschenkt. Wir wollen sie jetzt und hier nicht weiter hinterfragen.

Irgendwann vor einigen Jahren tauchte sie in Frankfurt auf. Bezirzte die sogenannte feine Gesellschaft mit ihrem blitzblanken Zahnpasta-Lächeln. Und natürlich mit ihrem Status als Honorarkonsulin der Demokratischen Republik Kongo.

Wie aufregend! Eine so schöne Frau – und dann diese Geschichten! Allüberall erzählte sie, wie viel Gutes sie tue für die Unterdrückten und Ausgebeuteten in der Heimat, und gerne wolle sie auch armen Kindern hierzulande helfen…

Es folgten zwei Schritte, die die Prinzessin wie eine Rakete in die Umlaufbahn der lokalen Super-Prominenz katapultieren sollten: Sie mietete ein Büro an der nicht gerade billigen Hochstraße für ihr Honorarkonsulat an, stattete es nobel aus und hängte ein Porträt des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila auf. Der habe sie persönlich gefragt, erzählt sie gerne, ob sie Honorarkonsulin in Frankfurt werden wolle. Darunter tut sie’s nicht.

Sodann gründete sie das Deutsch-Afrikanische Jugendwerk, kurz DAJW. Damit habe sie, so heißt es, vier Schulen im Kongo saniert, 1500 Schüler gesponsert, ein Krankenhaus betrieben… Hierzulande finanziert der Verein zudem nach eigenen Angaben Nachhilfeprojekte, für 80 bis 120 Kinder, betreut von elf Teilzeitkräften.

So viel Engagement – was soll daran falsch sein?

Antwort: Erst einmal gar nichts. Wenn Prinzessin Odette nicht fleißig Spenden sammeln würde – und jetzt keiner nachprüfen kann, wo all das schöne Geld bleibt.

In ihrem Honorarkonsulat arbeitet zum Beispiel Wolfgang Hemlein, der sich als „Persönlicher Assistent der Prinzessin“ ausgibt und auch für die Öffentlichkeitsarbeit des DAJW verantwortlich zeichnet. Über die Prinzessin will er nur Gutes sagen – schwieriger gestaltet es sich, ihm ein paar Infos über seine eigene Vergangenheit zu entlocken. Betreiber von Schwulenbars in den 80er war er, dann Plattenproduzent („Grace Jones“), dann Geschäftsmann in den USA, bis er gelinkt worden sei und einen Millionen-Crash hingelegt habe.

So, kurz zusammengefasst, stellt sich seine Vita dar. Für die Prinzessin arbeite er, sagt er, ohne Gehalt, weil er ihre Projekte einfach gut finde. Was sie später vehement dementiert: „Natürlich kriegt er Geld von mir, jeden Monat.“

Ist ja auch nicht so wichtig, oder? Hemlein erzählt, dass der Verein von der Stadt Frankfurt Geld bekommen habe („eine vierstellige Summe“), von der Polytechnischen Gesellschaft („10.000 Euro“) – alles andere habe die Prinzessin aus ihrem Privatvermögen bezahlt, 100 000 bis 150 000 Euro bisher…

Dann diese Spendengala, die jetzt für Furore sorgt: Villa Kennedy, „Honesty Help“. Gewichtige Prominenz ließ sich bitten, Ehrenbürger Bruno H. Schubert, Immobilien-Tycoon Josef Buchmann, dazu Show-Größen wie Mario Barth und Roberto Blanco. 82.000 Euro wurden an diesem Abend gespendet, für das Jugendwerk. Hieß es.

Als jetzt die „Frontal“-Reporter nachhakten, wo das Geld geblieben sei, da kamen nur Ausflüchte: Das Geld sei noch nicht eingegangen, nur angekündigt, da könne man nichts machen, nichts sagen…

Ganz schlecht. Da werden plötzlich Zweifel wach: Geht hier alles mit rechten Dingen zu? Mit Spenden, die von jedem von uns stammen könnten? Und Fragen werden laut: Ist die Prinzessin wenigstens, wie sie selbst behauptet und verkündet in diversen Medien, Unesco-Friedensbotschafterin?

Das ist schnell zu klären: In der Unesco-Zentrale, da forscht man erst nach und meldet dann: „Eine Prinzessin Odette Krempin ist nicht Unesco-Friedensbotschafterin, hat nie als solche gearbeitet“, so Unesco-Sprecher Farid Gardist.

Was bleibt dann noch? Zumindest dies: Die Prinzessin ist eine unglaublich gute Geschichtenerzählerin, der wir manches gerne glauben, vielleicht aber eben nicht alles.

Zu einem Interview erschien sie unlängst mit sechzehn Elfenbeinreifen am Arm. Ein Geschenk ihrer Urgroßmutter, erzählte sie. Sie habe den Schmuck mit zwölf bekommen und seitdem nicht mehr abgenommen. Es handele sich um einen Talisman für kongolesische Prinzessinnen: Die Elefantenstoßzähne sollen sie schützen.

Arme schöne Prinzessin. Nicht mal der Talisman funktioniert.

Erschienen in der FNP am 09.12.2009

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