Ab in den Keller – zum Wohlfühlen!

Der Mann lebt mit seiner Familie im rheinhessischen Geisenheim, betreibt ein kleines Bauunternehmen im hessischen Wallau – und verzaubert derzeit die Stadt Mainz mit einer Lokalität der besonderen Art: In einem uralten Gewölbekeller, den er per Zufall im Zentrum der Landeshauptstadt entdeckt hatte, baute Thorsten Kiegele Weintresore ein. Die Location ist auf dem besten Weg, eine echte Kult-Kulturstätte zu werden – mit hohem Wohlfühl-Faktor. 

Zum Vergrößern das Bild anklicken: Blick in das Vinarmarium – gedämpftes Licht und angenehme Temperaturen sorgen für Wohlfühl-Atmosphäre.

Ideale Temperaturen unter der Erde

29 Stufen führen hinab in die Tiefe. Wir befinden uns im Glut-Sommer 2018, draußen herrschen schwül-heiße 32 Grad, aber hier drinnen frischt, mit jeder Stufe, die Luft spürbar auf. Unten angekommen, ist die Last der schier unerträglichen Hitze da oben vergessen: Das Thermometer zeigt nur noch angenehme 18 Grad. „Ideal für die Weinlagerung“, schmunzelt Thorsten Kiegele (48), „und das Beste daran: Die Temperatur bleibt das ganze Jahr über weitgehend konstant, im Sommer wie im Winter. Wir brauchen weder Heiz- noch Kühlgeräte.“

Willkommen im Mainzer Vinarmarium, einem Weinkeller sprichwörtlich für jedermann (und natürlich jede Frau): Mehr als 400 Weintresore gibt es hier, jeder mit einer Tür aus schwarzen Stahlstreben abschließbar. Man kann so ein Schließfach mieten und darin seine Weinflaschen gut gesichert und perfekt temperiert lagern. Und dann kann man sich hier, wann immer es einem danach dürstet, ein Gläschen gönnen oder auch ein Fläschchen – gerne im Kreise von Freunden.

Denn so funktioniert das Vinarmarium: Jeder Mieter bekommt einen Schlüssel für seinen Weintresor und dazu eine Chipkarte, die den Zugang zum Keller ermöglicht, sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Mitten im Gewölbekeller wartet ein mächtiger Tresentisch, Gläser, Wasser  und Nüsse  stehen kostenlos bereit: So lässt sich guter Wein perfekt verkosten – zum Wohle!

Unverschämt viel Glück

Thorsten und Claudia Kiegele im Herzen ihres Vinarmariums: An diesem Tresen kann rund um die Uhr Wein verkostet werden.

Wie kommt, diese Frage stellt sich natürlich, ein Unternehmer mit Baufirma („Pro Familien Haus GmbH“) im Wallauer Gewerbegebiet dazu, in der Hauptstadt der Lebensfreude eine derart ungewöhnliche Stätte des gehobenen Genusses einzurichten?

Kiegele: „Weintresore sind voll im Trend. Ich wollte aber nicht bei einem dieser stylischen Franchise-Systeme mitmachen. Ich wollte meine eigenen Ideen umsetzen. Was mir nur fehlte, war der passende Keller.“

Die einen nennen’s Zufall, andere sagen, der Mann habe einfach unverschämt viel Glück gehabt: Eines Tages bekam Kiegele von einem Bekannten eine Immobilie in Mainz angeboten. Ein Ladenlokal in bester Lage. Leider ziemlich heruntergekommen. Und schon in der Zwangsversteigerung.

„Als ich den Laden besichtigte, wollte ich gleich absagen“, sagt Kiegele. Er sei noch in den Keller gegangen: auch dort alles voll Schutt und Abfall, die Wände schlecht verputzt und quietschig-rosafarben gestrichen. „Aber dann sah ich die Ausmaße des Gewölbes. Und wusste sofort: Das ist es! Das ist genau das, was ich gesucht habe.“

Ungefähr 30 Meter lang. Rund acht Meter breit. In der Kuppel mehr als fünf Meter hoch. Ein wirklich mächtiges, prächtiges Gewölbe! Inzwischen weiß Kiegele, dass er ein historisches Schätzchen sein eigen nennen darf: Der Keller dürfte Jahrhunderte alt sein.

Das Vinarmarium in Mainz

Hier lagerte schon vor 200 Jahren Wein

Als gesichert gilt: Oben drüber stand, nach 1800, das Wohn- und Geschäftshaus des Weingroßhändlers Johann Heinrich Baron von Mappes (geb. 1757, gest.1845). Der war unter anderem Vize-Präsident der Mainzer Handelskammer, lagerte unter dem Haus seine gewaltigen Wein-Vorräte.

Lokale Geschichtsforscher, von Kiegele befragt, wollen nicht ausschließen, dass der Keller noch viel älter ist: Ende des 16. Jahrhunderts erbaute hier Kurfürst-Erzbischof Anselm Franz von Ingelheim den Ingelheimer Hof. Legte er den Keller an, den später Mappes nutzte? Man weiß es nicht. Möglich sogar, dass das Gestein des Gewölbes noch viel, viel älter ist: Es könnte aus der Zeit um 1480 stammen, als hier Benediktiner einen Stadthof erbauten.

Das, was oberirdisch in den Jahrhunderten zu sehen war, ist längst verschwunden: Nach den Angriffen auf Mainz im Februar 1945 blieben nur Grundmauern übrig. 1961 wurde das Grundstück eingeebnet und als Parkplatz genutzt.

Nur der Keller darunter, der blieb stets unversehrt.

40 Tonnen Schutt und Müll

Emmeransstrasse 34 in Mainz: Hier befindet sich der Zugang zum Vinarmarium – ziemlich unscheinbar.

Vor gerade mal 20 Jahren, 1999, wurde dann ein Mehrfamilienhaus erbaut. Emmeransstr. 34 – ein nicht gerade augenfälliger Zweckbau: oben Wohnungen, im Erdgeschoß ein Ladenlokal, das nie besonders gut lief, weshalb es in die Zwangsversteigerung kam, samt zugehörigem Gewölbekeller…

Kiegele hat den Unrat wegschaffen und den Putz von den gewaltigen Gewölbewänden abhauen lassen. „40 Tonnen haben wir rausgeholt“, sagt er. Und dann wurde reingeschleppt, was man brauchte: 12.000 hellbraune Backsteine, aus denen die Weintresore gebaut wurden. Die Wege in dem mehr als 300 Quadratmeter großen Keller wurden ausgelegt mit grau-schwarzen Bodenplatten. LED-Leuchten, die keine Wärme entwickeln und den Keller nicht unnötig aufheizen, verbreiten gedämpftes, angenehmes Licht: Wohlfühl-Atmosphäre pur im unterirdischen Tempel Bacchus‘. 

Längst ist das Vinarmarium nicht mehr nur wahr gewordener Traum eines geschäftstüchtigen Bauunternehmers, nicht nur Oase für Liebhaber köstlichen Rebensaftes. Der Gewölbekeller ist, dank tatkräftiger Hilfe von Kiegeles Ehefrau Claudia und den drei Söhnen, zu einem beliebten Kultur-Treffpunkt geworden. Im Erdgeschoß wurden Lounge und Konferenzraum eingerichtet – sie lassen sich umgruppieren zur gemütlichen Lokalität. Regelmäßig finden Autorenlesungen statt, Musikabende, Talkrunden mit lokalen Prominenten… Und immer wieder gibt es, natürlich, Weinproben von Winzern der Region.

„Ich wollte einen Ort schaffen, an dem sich Menschen treffen und austauschen– und vor allem wohlfühlen können“, sagt Kiegele. Keine Frage: Das ist ihm vollauf gelungen.

INFO
Vinarmarium ist ein Kunstwort, es enthält die lateinischen Vokabeln „vinum“ (der Wein) und „armarium“ (der Schrank, Bibliotheksraum). Mehr als 400 Tresore wurden in dem riesigen Gewölbekeller untergebracht: Die kleinen fassen 88 Flaschen, kosten 79 Euro Monatsmiete; dazu gibt’s einige begehbare Weinschränke für mehr als 2000 Flaschen, der Preis ist Diskretionssache. Mehr über das Vinarmarium im Internet unter www.vinarmarium.de; Infos über Veranstaltungen unter www.facebook.com/vinarmarium.

Guntersblum: Hochrisiko-Zockerei um Senioren-Anlage

In der kleinen Gemeinde Guntersblum wird seit etlichen Jahren eine ziemlich große Wohnanlage für ältere Menschen geplant. Ein erster Investor fühlt sich von der Ortsbürgermeisterin zu Unrecht ausgebootet: Er hat inzwischen bei Gericht eine 100.000-Euro-Klage eingereicht. Die Frau scheint das wenig zu beeindrucken: Sie will das Millionen-Projekt jetzt mit einem anderen Unternehmer durchziehen. Da allerdings tun sich bei genauerem Hinsehen einige Merkwürdigkeiten auf. Das könnte noch gefährlich werden – vor allem sehr teuer, nicht nur für Guntersblum!

Am heutigen Montag findet um 19 Uhr ein konspirativ anmutendes Treffen im Guntersblumer Rathaus statt. CDU-Ortsbürgermeisterin Claudia Bläsius-Wirth hat ausgesuchte Ratsmitglieder eingeladen: Ihnen soll der Unternehmer Andreas Piwowarski (62) umfassend Auskunft geben – zu seiner Person, zu seiner beruflichen Tätigkeit und zu zwei Firmen, mit denen er das Millionen-Projekt „Betreutes Wohnen“ in Guntersblum realisieren will.

Piwowarski erzählt darüber ganz unbedarft: „Frau Bläsisus-Wirth hat mir gesagt, sie habe sich eine Taktik für das Treffen ausgedacht“, sagt er. „Erst soll mein Finanzberater etwas sagen, dann mein Sohn Daniel, der bei mir als Immobilienmakler arbeitet.“ Er selbst, sagt Piwowarski, solle sich auf Wunsch der Ortsbürgermeisterin zurücknehmen: „Sie meinte, ich soll nicht so viel reden. Ich hätte für die Politiker inzwischen den Schwarzen Peter.“

Blick auf die rheinhessische Gemeinde Guntersblum.

Wir sind in Guntersblum, in diesem netten Wein-Dörfchen in Rheinhessen, wo man seit vielen Jahren große Pläne für ein Haus für Senioren hat – und wo die Ortsbürgermeisterin jetzt auf einen gefährlichen Abgrund zusteuert. Es wird Zeit, dass alle Fakten auf den Tisch kommen, jenseits von Parteien-Gezanke und -Gezerre: Sonst könnte am Ende großer Schaden entstehen, nicht nur für die kleine Kommune, sondern auch für all jene, die im Vertrauen auf das gemeindliche Mitwirken eine der Senioren-Wohnungen erwerben wollen.

Der Plan von CBW (so nennt sich die Ortsbürgermeisterin gerne) ist inzwischen bekannt: Andreas Piwowarski soll mit den Firmen AIVG mbH und LVVG mbH ein gemeindeeigenes Grundstück im Baugebiet „Algersweg West“ erwerben. Dann soll er dort 60 Wohnungen für Betreutes Wohnen errichten. Geschätzte Kosten: sechs bis acht Millionen Euro. Mindestens!

Weniger bekannt ist, wer dieser Andreas Piwowarski ist. Und was den Mann qualifiziert. Ist er wirklich der richtige Unternehmer für ein solches Millionen-Projekt? Und welche Erfahrungen hat er mit den speziellen Anforderungen an das Bauen und Betreiben von Senioren-Wohnungen?

Eine weitere Frage stellt sich nach einem Blick ins Handelsregister: Piwowarski gehören die Firmen gar nicht, mit denen er bauen will. Ja, er ist nicht einmal als Geschäftsführer eingetragen. Frage also: Wer steckt wirklich hinter den Firmen und dem angeblichen Millionen-Invest?

Wir haben dazu, Anfang letzter Woche war’s, der Ortsbürgermeisterin einige Fragen geschickt. Sie meldete sich sofort, wollte Antworten aber nur in einem Gespräch geben.

Als wir CBW daraufhin letzten Mittwoch im Rathaus treffen, gibt sie sich unbeeindruckt von Hinweisen auf Unklarheiten und Unstimmigkeiten in der Darstellung des Investors. Zu Fragen der Bonität von Herrn Piwowarski und seinen angeblichen Firmen sagt sie, man habe einen Steuerfachmann eingeschaltet: Der würde die Zahlen der Firmen prüfen..

Frage: Gibt’s denn schon erste Erkenntnisse?

CBW: Nein, die Prüfung laufe noch, das Ergebnis werde zu gegebener Zeit vorgelegt.

Das ist merkwürdig! Wir haben die offiziellen Bilanzen von AIVG und LVVG einem Steuerexperten vorgelegt. Der musste gar nicht lange prüfen – seine Feststellung:

„Diese ,Bilanzen’ (er setzte das Wort vielsagend in Anführungszeichen) kann man nicht wirklich ernst nehmen. Man kann nur hoffen, dass die Firmen bei ihren Bauvorhaben sorgfältiger vorgehen.“

Senioren-Wohnungen für teures Geld

Während wir uns mit solch unschönen Erkenntnissen auseinandersetzen, versucht Piwowarski offensichtlich, Fakten zu schaffen: Er bietet die Senioren-Wohnungen, die bisher nur auf dem Papier existieren, bereits zum Kauf an: im Internet, in Anzeigenblättchen, auf Plakaten, über eine Maklerin. Die 48-Quadratmeter-Butze soll 183.120 Euro, die 77-Quadratmeter-Wohnung 281.880 Euro kosten. Macht einen Quadratmeterpreis von 3.600 bis 3800 Euro, was deutlich über Guntersblumer Durchschnitt liegt.

Wer eine der Wohnungen reservieren möchte, muss 5000 Euro zahlen, sofort. Das Geld werde, heißt es, später auf den Kaufpreis angerechnet.

Obwohl ihm das Grundstück noch gar nicht gehört, bietet Investor Andreas Piwowarski die Senioren-Wohnungen zum Kauf an.

Erst auf Nachfrage räumt Piwowarski ein: Das Grundstück gehöre ihm noch gar nicht, der Kaufvertrag mit der Gemeinde sei noch nicht unterzeichnet. „Aber das ist kein Problem“, sagt er auch. Die Gemeinde werde ihm das Grundstück verkaufen, garantiert, „das läuft wie geschmiert“: Der Vertrag werde demnächst unterzeichnet.

Demnächst? Was heißt schon „demnächst“ in Guntersblum? Bis vor kurzem war ein Wiesbadener Bauunternehmer der favorisierte Investor: Der Mann hatte jahrelang mit der Gemeinde verhandelt, hatte den früheren SPD-Landrat als Berater ins Boot geholt, hatte die Planung fertig, Bauanträge bei den Behörden eingereicht…

„Demnächst“ hätten die Bauarbeiten losgehen sollen. Doch dann platzten, im letzten Augenblick, die Verhandlungen. Aus. Vorbei.

Der Architekt fühlt sich heute von der CDU-Ortsbürgermeisterin zu Unrecht ausgebootet. Er hat deshalb Klage beim Landgericht Mainz eingereicht: Er will seine Aufwendungen von der Gemeinde erstattet haben.

Er verlangt mehr als 100.000 Euro von Guntersblum.

Ortsbürgermeisterin gilt als beratungsresistent

Es ist eine unselige Polit-Trilogie: In drei Orten, die aneinanderreiht wie Perlen einer Kette an der Bundesstraße B 9 liegen, sorgen die Bürgermeister für unschöne Nachrichten.

Erst liegt da Nierstein: Hier regiert CDU-Mann Thomas Günther, der sich mit obskuren China-Firmen-Erzählungen zur Lachnummer gemacht hat, zumal dann auch noch aufflog, dass er selbst Kasse zu machen versucht hatte. Derzeit pestet er in rüpelhafter Weise gegen den SPD-Fraktionschef im Verbandsgemeinderat. Immer wieder unsäglich, dieser Günther, eigentlich unerträglich.

Direkt hinter Nierstein liegt Oppenheim. Die Kleinstadt wird in die Geschichtsbücher Rheinhessens eingehen als Beispiel dafür, wie sich ein skrupelloser Partei-Politiker ein „zwar kleines, aber gänzlich untertäniges und auch profitables Imperium“ (Schriftsteller Frieder Zimmermann) aufbauen konnte. Der Oppenheim-Skandal: Die Herrschaft des SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held endete im März, und das war für viele Bürger auch wie eine Befreiung. Doch wird die Stadt noch lange an den Folgen des Treibens ihres Stadtbürgermeisters zu leiden haben, finanziell bestimmt, und wohl auch zwischenmenschlich.

Direkt nach Oppenheim kommt, fährt man auf der B 9 weiter, die Gemeinde Guntersblum. Die politischen Verhältnisse hier sind offen: SPD und CDU sind gleich stark, im Ortsparlament sind zudem die Freien Wähler (FWG) und die Unabhängige Liste (ULG) vertreten. Es gibt keine klare Mehrheit, was Entscheidungsfindungen nicht einfach macht, jedoch vernunftbezogenen Beschlüssen den Weg ebnen könnte.

Das Leininger Schloss
in Guntersblum beherbergt das Rathaus.

Bis Herbst 2015 war Reiner Schmitt (ULG) der ehrenamtliche Ortsbürgermeister. Nach seinem unerwarteten Tod, der Mann wurde nur 65 Jahre alt, übernahm Claudia Bläsius-Wirth das Amt, eine selbstbewusst auftretende Frau, 56 ist sie, Mutter von drei Töchtern. Beruflich macht sie ein wenig in Werbung, ein wenig in Wein – eine „Powerfrau“, schmeichelte die Lokalzeitung, ihrem Ego wird’s gefallen haben.

Ratsmitglieder sagen hingegen, herausragendste Eigenschaft von CBW sei ihre Beratungsresistenz. Sie stehe sich deshalb oftmals selbst im Weg. In ihrer Unfähigkeit zur kritischen Selbstreflexion sei auch der wahre Grund zu suchen, weshalb aus den einst gut gemeinten Plänen für ältere Menschen inzwischen ein Hochrisiko-Projekt für die ganze Gemeinde geworden sei.

Achtseitige Klageschrift liegt beim Landgericht

Fangen wir an mit der ersten unangenehmen Geschichte: die Hunderttausend-Euro-Klage des Architekten Rüdiger Conradi. Der Bauunternehmer aus Gau-Bischofsheim, der in Wiesbaden sein Büro betreibt, gilt als erfahrener Projektentwickler. Mit seiner Firma KTB plante er eine großzügige Seniorenanlage in Guntersblum.

Acht Din-A4-Seiten umfasst die Klageschrift seines Rechtsanwalts Dr. Jens Kolter (Wiesbaden), die beim Landgericht Mainz vorliegt. In ihr findet sich die Chronologie der geplatzten Guntersblum-Pläne:

2011 begannen erste Gespräche mit Ortsbürgermeister Schmitt: Conradi wollte ein Pflegeheim mit angrenzendem Haus für Betreutes Wohnen errichten – auf einem Grundstück, das ihm die Gemeinde verkaufen sollte.

2012 gab der Gemeinderat grünes Licht, mit Änderungen im Bebauungsplan „Algersweg West“ wurden die baurechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

2013 gingen die Gespräche weiter. Gerulf Herzog, der frühere CDU-Landrat des Kreises Mainz-Bingen, war als Berater von Conradi/KTB stets anwesend.

2014 legte Conradi/KTB erste konkrete Pläne vor. Die Lokalzeitung jubilierte: „Läuft alles nach Plan und wird zeitnah entsprechendes Baurecht geschaffen, könnten die Arbeiten bereits im Frühjahr nächsten Jahres starten. Ein Jahr später sollen dann die ersten Bewohner einziehen.“

Im Mai 2015 wurde der Bauantrag bei der Kreisbehörde in Ingelheim eingereicht. In der Klageschrift heißt es, Ortsbürgermeister Schmitt habe auf schnellstmögliche Realisierung gedrängt, „da er bereits eine Liste mit ortsansässigen Anwärtern für Plätze im geplanten Pflegeheim vorliegen hatte“.

Im Juni 2015 beschloss der Gemeinderat, das Grundstück in „Algersweg West“ an Conradi/KTB zu verkaufen.

Dann verstarb, im September 2015, Reiner Schmitt.

Zur neuen ehrenamtlichen Ortsbürgermeisterin wurde Claudia Bläsius-Wirth gewählt. Das Jahr 2016 hat gerade begonnen.

Wenig später kam das Senioren-Projekt erst ins Stocken. Dann platzte es.

Jahrelange Planung – alles umsonst

Zwar wurde bei einem Oppenheimer Notar noch der Entwurf eines Kaufvertrages erstellt, wofür Conradi 1.760,01 in Rechnung gestellt wurden. Zur Vertragsunterzeichnung aber kam es nicht mehr.

Erstes Problem: Das im Bebauungsplan ausgewiesene Grundstück erwies sich angeblich als zu klein für ein Pflegeheim plus Haus für Betreutes Wohnen. Conradi sagt heute, es habe Einvernehmen geherrscht, dort nur ein Pflegeheim zu bauen. Mit Schmitt und später auch mit Bläsius-Wirth sei nach einem anderen Grundstück für Betreutes Wohnen gesucht worden, ohne Erfolg.

Bläsius-Wirth dagegen sagt heute, die Gemeinde habe im Baugebiet „Algersweg West“ unbedingt Betreutes Wohnen gewollt.

Zweiter Konfliktpunkt: Die Gemeinde hatte ein Unternehmen aus Kaiserslautern mit der Erschließung des Baugebietes beauftragt. Das sollte die Kosten für Straßen, Kanalisation usw. direkt bei den Grundstücksbesitzern einziehen.

Das Unternehmen verlangte von Conradi/KTB als eine Art Vorschuss 20 Prozent der Gesamtkosten – rund 66.0000 Euro. Nach Beginn der Arbeiten sollte der Architekt 14 Monate lang weitere 20.000 Euro überweisen, monatlich.

Conradi wies solche Forderungen, wir sind jetzt im Jahr 2017, als „unverschämt“ zurück. In einem Brandbrief an die Bürgermeisterin schrieb er: Er solle bezahlen, „ohne dass es eine Sicherstellung für uns gibt, dass die Erschließungsmaßnahme auch tatsächlich zu Ende geführt wird“. Im Vertrag seien keine Termine für Beginn und Abschluss der Arbeiten angegeben: „Mit einer solchen Ungewissheit auf der zeitlichen Schiene lässt sich kein Bauvorhaben projektieren.“

CBW gibt sich jetzt ganz zugeknöpft

Das Schreiben der Ortsbürgermeisterin.

Es ging noch eine Weile hin und her, Juristen-Schreiben, Rathaus-Gespräche – bis Claudia Bläsius-Wirth Schluss machte. Am 21. September 2017 schickte sie Conradi folgenden Brief:

„Die Ortsgemeinde verfolgt das Ziel, im Neubaugebiet Betreutes Wohnen anzusiedeln. Eine Kombination mit einem Seniorenheim auf zwei gegenüberliegenden Flächen wurde befürwortet.

Da leider diese Situation in Kombination nun leider nicht zustande kommt, nimmt die Ortsgemeinde Abstand von Ihrem Angebot ein Seniorenheim auf der Fläche im Algersweg West zu errichten. Ferner müssen wir vermerken, dass Ihrerseits kein Einvernehmen im Vertragsabschluss der Kostenerstattungsvereinbarung mit dem Erschließungsträger hergestellt werden konnte.

Für die jahrelange Begleitung in unserem o.g. Prozess möchten wir uns bei Ihnen und ihrem Unternehmen bedanken (…) Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei all Ihren Unternehmungen…“

Das war’s. Sechs, sieben Jahre lange Planung – alles umsonst. Im Dezember letzten Jahres versuchte Conradis Anwalt noch, mit der Ortsbürgermeisterin eine gütliche Einigung herbeizuführen. Vergebens. Daraufhin reichte er Klage beim Landgericht Mainz ein (Aktenzeichen 4 O 63/18).

Conradi beziffert seine Ausgaben auf 103.459,91 Euro. Er habe im Vertrauen auf feste Zusagen der Gemeinde gehandelt, er will sein Geld zurück.

Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, wird über eine Frage zu entscheiden sein: Hat die Gemeinde dem Investor zu viel versprochen, liegt hier ein Fall von Amtshaftung vor? Wenn ja: Dann muss die Gemeinde die 100.000 Euro plus die gesamten Kosten des Verfahrens tragen.

Wir fragten Frau Bläsius-Wirth, als wir sie jetzt trafen: Wie konnte es dazu kommen, dass die langjährige Zusammenarbeit mit einem renommierten Investor und erfahrenen Bauträger so schnell eskalierte?

CBW gab sich zugeknöpft:: „Das ist ein laufendes Verfahren. Dazu sage ich nichts.“

Makler-Fotos sollen als Referenzen dienen

Nur kurze Zeit nach dem Bruch mit Conradi präsentierte CBW einen neuen Investor: Der Immobilien-Unternehmer Andreas Piwowarski zeigte Interesse, mit den Firmen AIVG und LVVG das Millionen-Projekt zu realisieren.

Der Mann gab auch gewaltig Gas: Er ließ von einem Architekten innerhalb kürzester Zeit eine Anlage mit 60 Wohnungen in zwei Häusern entwerfen. Inzwischen bietet er die Wohnungen, wie gesagt, längst zum Kauf an…

Kürzlich wurde dieses Vorgehen im Gemeinderat kritisch-nachdenklich hinterfragt. SPD-Mitglieder witterten ein investorengetriebenes Wohnprojekt, in dem zu leben sich Guntersblumer gar nicht leisten könnten. Die FWG drängte auf eine Überprüfung der Bonität des Investors: Da würde es noch ein paar offene Fragen geben…

Die Ortsbürgermeisterin scheint von derlei Zweifeln völlig frei zu sein. Letzten Mittwoch, bei unserem Gespräch im Rathaus, verwies sie auf Referenzen, die ihr der Unternehmer vorgelegt habe. Sie sagte: „Herr Piwowarski war in ganz Deutschland tätig, er hat Fotos gezeigt – das war überzeugend.“

Frage: Was waren das für Referenzen? Etwa die Fotos von Immobilien, die auf der Webseite der Firma AIVG im Internet zu sehen sind?

CBW nickt.

Uuups, da war sie wohl etwas arg leichtgläubig! Wir wollen sie gerne aufklären!

75-jährige Frau steht hinter Immobilienfirmen

Andreas Piwowarski hat – nach eigener Auskunft – im Auftrag einer Bank Immobilien in ganz Deutschland, die in die Zwangsversteigerung gerutscht waren, an Investoren gebracht. Dann wurde die Bank von einer anderen aufgekauft, für ihn gab’s keine Aufträge mehr. Er habe sich umgehört und festgestellt, dass Betreutes Wohnen angesagt sei. In dieses Geschäft wolle er jetzt einsteigen: Guntersblum sei sein erstes Projekt.

Soweit die Darstellung von Herrn Piwowarski, und es gibt keinen Grund, sie anzuzweifeln. Die Fotos im Internet zeigen, das sagt er ganz offen, Objekte, die er vermittelt habe. Als Referenzen für den Bau einer Senioren-Wohnanlage dürften sie vermutlich kaum taugen.

Schauen wir noch etwas genauer hin, wird’s recht mysteriös:

Piwowarski will also mit den Firmen AIVG mbH (eingetragen beim Amtsgericht Mainz unter HRB 6518) und LVVG mbH (AG Offenbach, HRB 41753) seine erste Senioren-Wohnanlage in Guntersblum errichten. Doch im Handelsregister finden wir seinen Namen nicht: Die beiden Firmen gehören einer gewissen Ewa L., die als Gesellschafterin und auch als Geschäftsführerin eingetragen ist.

Ewa L. ist heute 75 Jahre alt und lebt in einer Hochhaus-Siedlung in Mainz. Diese Frau soll die wahre Millionen-Investorin von Guntersblum sein?

Andreas Piwowarski sagt dazu: Ewa L. sei seine Cousine. Sie habe die Firmen gegründet. Er sei Generalbevollmächtigter bei der AIVG, sein Sohn Daniel sei Generalbevollmächtigter bei der LVVG.

Generalbevollmächtigter? Was ist das?

Alles sei völlig korrekt, beteuert Piwowarski, alles sei vertraglich geklärt.

Das Büro der AIVG am Ortsrand von Köngernheim.

Mag sein, dass eine solche Unternehmens-Konstruktion völlig rechtens ist. Aber ganz sicher ist sie ungewöhnlich. Und sie wirkt auch nicht unbedingt vertrauensfördernd. Denn natürlich stellt sich die Frage: Wenn Andreas Piwowarski seit Jahren für die Firmen seiner Cousine federführend erfolgreich tätig war – warum wurde er nicht Anteilseigner? Warum übernahm er nicht zumindest die operative Verantwortung als Geschäftsführer?

Er zuckt nur die Schultern: Das sei eben so…

Bilanzen lassen keine erfolgreiche Tätigkeit erkennen

Gut, dann schauen wir uns die Bilanzen der beiden Unternehmen an. Und auch hier tun sich ganz schnell Fragen auf:

Die Zahlen stehen im krassen Widerspruch zu den tollen unternehmerischen Leistungen, die Andreas Piwowarski immer wieder herausstellt: Die Bilanzen von AIVG und LVVG geben keinerlei Hinweise auf eine erfolgreiche wirtschaftliche Tätigkeit.

Schlimmer noch: Der Steuer-Fachmann, dem wir die Bilanzen vorlegen, findet schon auf dem ersten Blick Rechenfehler, fehlende Minus-Zeichen…

Und das sollen glaubwürdige Beweise seines unternehmerischen Könnens und Wirkens sein? Andreas Piwowarski scheint die Frage nicht zu verstehen: „Wie meinen Sie das? Das sind doch nur Zahlen. Was sagen die schon aus?“

Ein paar Tage nach unserem Besuch in Köngernheim, an diesem Wochenende, ruft Andreas Piwowarski an. Offenbar ist ihm bewusst geworden, dass er Einblick gewährt hat in eine recht unorthodoxe unternehmerische Denke. Er möchte nicht, sagte er, dass über die Bilanzen berichtet werde. Er habe in ganz Rhein-Main-Gebiet gebaut, das müsse reichen.

Aber er müsste doch mal erklären, sagen wir, warum sich sein angeblich erfolgreiches Wirken nicht in den Bilanzen finde.

„Warum, warum?“ fragt er zurück. Er wirkt genervt, gereizt. Es gebe noch andere Firmen, sagt er, das sei alles ganz anders, aber dazu wolle er auf keinen Fall etwas sagen…

Investor Nr. 2 stellt heikle Bedingung

Bleibt zur Stunde die Erkenntnis: Claudia Bläsius-Wirth, die Ortsbürgermeisterin, hat Guntersblum in eine böse Zwickmühle geführt. Der erste Investor ist vergrault und klagt vor Gericht, er verlangt 100.000 Euro.

Aber ist Investor Nr. 2 – der übrigens sagt, er habe schon 300.000 Euro investiert (ohne Grundstücksvertrag!) –  die richtige Wahl?

Oder gibt es für Guntersblum nur noch diese eine Lösung: Augen zu und durch? Dem neuen Investor muss jetzt vertraut werden, ganz egal was kommt…

Hohes Risiko!

Zumal Piwowarski noch eine äußerst kritische Bedingung stellt: Den Kaufpreis für das gemeindeeigene Grundstück – er nennt 1,28 Millionen Euro incl. Erschließung – könne er erst dann an die Gemeinde überweisen, wenn 30 Prozent der Wohnungen verkauft sind. „Dieser Punkt muss in den Grundstücks-Kaufvertrag rein“, sagt er. „Erst wenn 18 Wohnungen verkauft sind, werde ich das Geld überweisen.“ Anders, sagt er auch lasse sich das Projekt für ihn nicht realisieren.

Abwarten, was dazu die Ratsmitglieder sagen. Fest steht nur: Das Projekt Betreutes Wohnen scheint zur Hochrisiko-Zockerei zu verkommen – ganz gefährlich für Guntersblum!

Neuer Knall in Nierstein: Günthers private China-Firma entdeckt

Heute wollen wir uns noch einmal im Oppenheimer Nachbarstädtchen Nierstein umschauen. Vor einiger Zeit hatten wir uns den heiligen Zorn des dortigen Stadtbürgermeisters zugezogen: Thomas Günther hatte sich damit gebrüstet, chinesische Firmen in sein Städtchen geholt zu haben – und wir hatten uns erdreistet, das kritisch zu hinterfragen. Seither ist viel Wasser durch den Rhein geflossen, und der Mann tönt wieder überall herum, seine China-Reise zeige großartige wirtschaftliche Erfolge. Grund genug, genauer hinzuschauen – und das fanden wir diesmal heraus: CDU-Mann Günther hat mit einer eigenen Firma begonnen, selbst im China-Geschäft mitzumischen. An seiner Seite: Ex-SPD-Landrat Claus Schick.

Nierstein – Ortsschild.

Warum der Stadtbürgermeister einen cholerischen Anfall kriegte

Beginnen wir, frei nach Heinrich Heine, mit Erinnerungen aus Niersteiner Schreckenstagen: Thomas Günther läuft, wenn Räsoneure seinen Weg kreuzen, bekanntlich schnell zur Höchstform auf. Der CDU-Stadtbürgermeister droht dann nicht, wie weiland der Dichter, mit Füsilierung, sein Ding scheint eher die Diffamierung zu sein: „Lüge“ schleudert er Kritikastern entgegen, auch „verdrehen“, „umdrehen“, „falsch darstellen“. Und dazu noch „unsachlich“, „geschäftsschädigend“, „persönlich diffamierend“.

Mit solch brachialer Anmache soll, die Taktik ist bekannt, jeder Ansatz von Kritik schon im Keim erstickt werden. Da schwingt sich einer auf wie ein Gorilla im tiefsten Urwald, breitbrustig trommelnd: Ich hab’ recht! Ich! Ich! Ich!

Thomas Günther in Action: In einem Bericht auf dieser Webseite hatten wir seine vollmundigen Ankündigungen zu hinterfragen gewagt. Mit Hilfe einer Chinesin, die in Nierstein ein Restaurant betreibt, hatte er eine China-Reise unternommen, auf der er – so ließ er hinterher die Lokalzeitung berichten – die Manager großer Konzerne getroffen habe, die in Nierstein investieren wollten.

Da wird man schon mal ungläubig staunen dürfen – in Rheinland-Pfalz Lewentzscher Prägung zumal: Ein kleiner rheinhessischer Lokalpolitiker akquiriert auf die Schnelle ein paar China-Firmen, siedelt sie vorgeblich in seiner Kleinstadt an und lässt auf diese Weise allenthalben die Hoffnung auf neuen Wohlstand und Reichtum erblühen…

Zweifel kamen auf, weil die Lokalzeitung die Firmennamen ständig anders schrieb. Auch tat es der Glaubwürdigkeit der Güntherschen Erzählungen nicht sonderlich gut, als wir herausfanden: Die chinesischen GmbHs, die angeblich schon Niederlassungen in Nierstein gegründet hatten, waren im Handelsregister nicht auffindbar, mussten mithin als nicht existent gelten.

Der CDU-Stadtbürgermeister fühlte sich von derlei Recherche-Ergebnissen, die wir im Bericht „Knall in Nierstein: Wo sind nur die China-Firmen?“ publizierten, persönlich angefasst. Ihn anzweifeln? Geht gar nicht! Da greift er an. Und macht den Affen.

Er schaltete umgehend einen Anwalt ein. Der erwirkte allerdings keine Unterlassung, was bei erwiesener Falschberichterstattung eine normale Reaktion wäre. Nein, der Anwalt des Stadtbürgermeisters – einer aus der Kanzlei von Franz-Peter Gallois, der wie Günther für die CDU als Kommunalpolitiker unterwegs ist – prüfte unseren Text sehr intensiv (vermuten wir) und schrieb sodann handzahm, der Text lese sich, frei übersetzt, gar nicht nett. Wie man den armen Thomas Günther nur so behandeln könne! Man möge sich bitte bei ihm entschuldigen, der Mann leide schließlich!

Derweil traktierte Günther seine WhatsApp-Gruppe mit einem seiner cholerisch anmutenden Anfälle. Wir zitieren aus einer seiner Rundmails:

Ruhmöller verdreht die ganze Sache und versucht mit Unwahrheiten wieder einmal Schmutz zu werfen. Auf andere Unterstellungen des Berichtes gehe ich gar nicht ein, weil hier nur das bekannte Ziel verfolgt wird, weiter zu beschmutzen.

Unwahrheiten? Schmutz werfen? Dann schauen wir noch einmal kurz auf die Fakten:

Am 28. September 2017 hatte die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ berichtet, dass „zwei gerade neu gegründete Deutschland-Niederlassungen“ in Nierstein investieren wollten. Es handele sich um die Tochterunternehmen chinesischer Konzerne; das Lokalblatt schrieb wörtlich: „Günther verspricht sich von den Ansiedlungen natürlich Gewerbesteuereinnahmen, ‚das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für unsere Stadt’. Die Firmen wollten einen Teil ihrer Mitarbeiter aus China mitbringen, aber auch Arbeitsplätze für einheimische Arbeitnehmer schaffen.“

In dem Artikel heißt es auch, eine „Delegation der Stadt Nierstein“ plane eine China-Reise, um Wirtschaftskontakte aufzubauen und zu vertiefen. So geschah es auch: Im Oktober 2017 flog Thomas Günther für zehn Tage nach Asien; begleitet wurde er unter anderem von Ex-SPD-Landrat Claus Schick sowie Pierre Boos, dem Geschäftsführer der Wein- und Sektkellerei Jakob Gerhardt.

Am 7. November 2017, nach seiner Rückkehr, ließ der Stadtbürgermeister Günther über die Zeitung verbreiten, dass der Trip durch das Reich der Mitte ein voller Erfolg gewesen sei: Die chinesischen Firmen hätten „bereits Niederlassungen in Nierstein gegründet, ‚das ist notariell unter Dach und Fach’, so Günther“.

Am 15. November 2017 enthüllten wir auf dieser Webseite, dass beide Firmen beim Handelsregister nicht bekannt seien. Woraufhin Günther frühmorgens besagte WhatsApp-SMS verschickte, die so begann:

„Ach der Ruhmöller. Er behauptet ständig etwas, was leider nicht der Wahrheit entspricht. Das einzige was er kann, ist Sachverhalte umzudrehen und falsch darzustellen.“

Am 24. November 2017 bekamen wir Post von Günthers Anwalt. Der Jurist schrieb auf zweieinhalb DinA-4-Seiten viel nichtssagendes Zeug, bestätigte aber ausdrücklich, dass die chinesischen Firmen noch nicht beim Amtsgericht registriert seien:

„Die Eintragung in das Handelsregister kann und wird also in Kürze vorgenommen werden.“

Tatsächlich ging plötzlich alles ganz schnell: Zwei Tage nach unserem Bericht wurde das Stammkapital für die beiden Firmen eingezahlt. Mit der üblichen Verspätung schrieb dann das Lokalblatt am 28. November 2017: Das Stammkapital der beiden chinesischen Firmen sei laut Niersteins Stadtbürgermeister eingegangen. „Deshalb stehe nun auch der vom Notar beim Amtsgericht zu beantragenden Eintragung im Handelsregister nichts mehr im Weg“.

Womit wir das schon mal geklärt hätten: Günthers China-Firmen dürften tatsächlich in Nierstein angekommen sein!

Dann müsste es ja bald losgehen: Neue Jobs! Neue Steuereinnahmen! China goes Nierstein – der Aufschwung kann kommen!

Gut hundert Tages sind seit unserem ersten Bericht vergangen. Schauen wir einfach mal nach, was sich seither getan hat.

Niersteiner Leben: Behüte mich Gott vor meinen Freunden…

Zum besseren Verständnis von Thomas Günther und auch zur Einordnung seiner Persönlichkeit müssen wir an dieser Stelle einen schnellen Sidestep machen, der die Einbettung Günthers in den Oppenheim Skandal vor Augen führt:

In den letzten Monaten hatte sich Niersteins CDU-Stadtbürgermeister in schier unverbrüchlicher Treue hinter Marcus Held gestellt. Was auch immer auf dieser Webseite an neuen dubiosen Amtsgeschäften des Oppenheimer SPD-Stadtbürgermeisters enthüllt wurde: Es mutete nahezu verhaltensauffällig an, wie eng sich Günther an Helds Seite drängte.

Auch nachdem der Landesrechnungshof unsere Berichte vollauf bestätigt und weitere rechtswidrige Geschäfte der Oppenheimer Stadtführung aufgedeckt hatte: Günther & Held waren, so sagt man, wie ein „Kopp un Arsch“. Zwei, die nebeneinander im Gleichschritt marschierten. Beste Buddys über trennende Parteigrenzen hinweg, die sich blindlings verstanden.

Selbst als die Staatsanwaltschaft immer mehr Ermittlungsverfahren gegen Held einleitete, dröhnte Günther: Auch für Held gelte die Unschuldsvermutung. Rechtswidriges Verhalten, gar strafrechtlich relevante Vorgänge im Oppenheimer Rathaus? Das müsse erst einmal nachgewiesen werden! Und, bittschön, der bösartige Whistleblower müsse endlich zur Verantwortung gezogen werden.

Es schien, als schnüre Günther und Held ein unsichtbares Band ganz eng zusammen.

Der Schulterschluss zwischen den beiden Lokalpolitikern, die sich in der politischen Couleur unterscheiden mögen, in ihrem rabauzigen Auftreten allerdings wie eineiige Zwillinge gleichen, war eine Dauer-Provokation für alle Christdemokraten der Region. Ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit: Günther ging Anfang dieses Jahres nicht zum alternativen Neujahrsempfang seiner Parteifreunde in Oppenheim – er zeigte sich lieber Seit’ an Seit’ mit seinem skandalumtosten Amtsbruder bei dessen städtischen Neujahrsempfang in der Landskronhalle. Hier schlürfte er den Gratis-Wein, den ihm sein Freund Maggus einschenkte, und er soll begeistert mitgejohlt haben, als Ex-Landrat Claus Schick (SPD) die Medienkritik an Held als „Pogrome“ bezeichnete.

Erst als Marcus Held von der eigenen Partei fallengelassen wurde, weil er bei Immobiliengeschäften in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte, da muss Günther geahnt haben, dass er vom Sog des Held-Untergangs mitgerissen werden könnte. Schleunigst suchte er das Weite: Held, so tönte er fortan, habe eine rote Linie überschritten (wohlgemerkt: für Günther erst jetzt)! „Ich war schockiert, als ich das gelesen habe, das ist für mich unfassbar“, heuchelte er und tat ganz entsetzt: „Die heute bekannt gewordenen Vorwürfe sind so schwerwiegend, dass hier schnellstens Konsequenzen gefordert werden müssen.“

Behüte mich Gott vor meinen Freunden, mit den Feinden will ich schon allein fertig werden – so lautet ein geflügeltes Wort, das in Nierstein mit Leben gefüllt wird. Der CDU-Stadtbürgermeister Thomas Günther zeigte uns sein wahres Gesicht, als er Held via Presse die Freundschaft aufkündigte. Angesichts der jahrelang offen zelebrierten Kumpanei mit dem SPD-Mann wirkte seine öffentliche Entrüstung nur aufgesetzt und unglaubwürdig.

Ein CDU-Mitglied in Nierstein sagte: „Ziemlich verlogen, diese Nummer.“

In diesem ziemlich heruntergekommenen Gasthof residieren Günthers China-Firmen.

Schmuddel-Herberge dient Chinesen als Briefkastenfirma

Und damit sind wir angekommen: Herzlich willkommen in Nierstein unter CDU-Stadtbürgermeister Thomas Günther im Jahr 2018!

Vor kurzem legte ein Schiff am Flussufer des rheinhessischen Städtchens an und setzte eine Reisegruppe Chinesen an Land ab. Günther und der Geschäftsführer der Wein- und Sektkellerei Jakob Gerhard, Pierre Boos, luden die Reisegruppe zu einem Empfang ein, bei dem auch Ex-Landrat Claus Schick und der kommissarische Bürgermeister der Stadt Oppenheim, Helmut Krethe, aufkreuzten.

Und wieder verkündete Günther lauthals, was die lokalen Blättchen prompt nahezu wortgleich wiedergaben:

„Es zeigt sich immer mehr, dass unser damaliger Besuch in China Nachhall in Form von wirtschaftlichen und touristischen Erfolgen findet.“

Das hört man doch mit Freude! Nachhall in Form wirtschaftlicher Erfolge – das schauen wir uns gerne etwas genauer an:

„Germany Hong GmbH“ nennt sich die eine Firma, die Günther nach Nierstein gelotst haben will, die andere nennt sich in einem merkwürdigen Gemisch aus Deutsch und Englisch „Germany Motion Technologie GmbH“. Es handelt sich angeblich um Unternehmen „mit mehreren hundert Mitarbeitern, die laut Günther Module für Motoren und elektrische Kleinteile herstellen und Zulieferer für große internationale Firmen wie Audi, VW, Apple oder Samsung sind“. So stand’s in der Zeitung, die vom Stadtbürgermeister direkt informiert wurde und deren Berichterstattung er bisher nicht kritisiert hat. Man will uns wohl glauben machen: Günther hat richtig potente Firmen geholt!

Frage: Hat wer die Firmen schon gesehen in Nierstein? Beide sollen bereits vor Monaten Niederlassungen gegründet haben, hatte der Stadtbürgermeister gesagt. Sind sie eigentlich schon irgendwo aufgetaucht?

Wir haben sie entdeckt, und wenn Sie mehr wissen wollen, die ganze Wahrheit, dann seien Sie gewarnt: Dann müssen Sie ganz tapfer sein!

Kennen Sie das Hotel-Restaurant „Alter Vater Rhein“? Es liegt in der Großen Fischergasse, einer engen Einbahnstraße, die von der Mainzer Straße (B 9) aus einfahrbar ist. Linker Hand, Hausnummer 4, da liegt das Gasthaus: Zweistöckig, die Hausfassade war einstmals kitschig-bunt bemalt, jetzt wirkt alles ziemlich heruntergekommen, verwahrlost, schmuddelig.

Wir haben versucht, das Hotel bzw. Restaurant aufzusuchen. Geht nicht! Das Telefon: seit Wochen nicht besetzt. Die Eingangstür: seit Wochen abgeschlossen. Mails werden nicht beantwortet. Als wir unlängst klingelten, erschien ein Asiate an der Tür, lugte durch einen schmalen Spalt, verstand kein Deutsch, wollte kein Englisch sprechen, schloss die Tür wieder zu. Auf dem Parkplatz stapelt sich Leergut, wuchert Unkraut.

Links neben der Eingangstreppe hängt die Speisekarte in einem Kasten, das Glas so verdreckt, dass man das „kulinarische“ Angebot kaum lesen kann. Rechts vor der Treppe steht ein Schild: „Echt geile rheinhessische Küche“. Auf der obersten Stufe, direkt neben der Eingangstür, stinkt ein übervoller Zigaretteneimer, darüber hängt ein Stahlblech-Briefkasten mit eingestanztem Posthorn…

Das ist das Traditions-Gasthaus „Alter Vater Rhein“. Und hier finden wir sie allesamt, Günthers Chinesen-Firmen, die für ihn „wirtschaftlichen Erfolg“ symbolisieren. Die Namen der Unternehmen stehen auf einem ausgerissenen Zettel, der mit durchsichtigen Tesa-Streifen auf die dunkelbraune Postbox geklebt wurde:

Die „Germany Hong GmbH“ und die „Germany Motion Technologie GmbH“, die angeblichen Niederlassungen internationaler Automobil-Zulieferkonzerne, haben ihren Firmensitz in diesem heruntergekommenen Niersteiner Gasthof gefunden.

Dazu gibt es hier – das mag noch durchaus naheliegend sein – eine Firma mit dem Namen „Alter Vater Rhein GmbH“.

Außerdem haben unter dieser Adresse eine „ASAP Global GmbH“ und eine „BBG Germany GmbH“, eine „Juncun Global GmbH“ und noch eine „L.Rhein GmbH“ ihren Firmensitz.

Soll das der versprochene „wirtschaftliche Erfolg“ nach Günthers China-Reise sein? Ein leerstehendes Schmuddel-Hotel mit geschlossenem Restaurant als Briefkasten-Adresse für Dependancen großer chinesischer Unternehmen?

Neue Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen hatte Thomas Günther versprochen – mit diesen Firmen?

Wir würden gerne detailliertere Informationen über die GmbHs verraten, aber das gestaltet sich äußerst schwierig. Bei den meisten der genannten Firmen hat eine Frau Xinru Großkopf ihre Finger mit im Spiel. Sie ist die Betreiberin des Gasthauses „Alter Vater Rhein“. Als sie das traditionsreiche Geschäft im Jahr 2015 übernahm, vermeldete die Lokalzeitung happy:

„Ich liebe dieses Haus, egal wie alt“: Xin Ru Fang sitzt unter Holzschnitzarbeiten und Wandmalereien mit zünftigen Trink- und Lebensweisheiten. Die zierliche junge Frau vermittelt auf den ersten Blick nicht den Eindruck, als ob rheinhessische gefüllte Klöße auf Rahmkraut oder ein kräftiger Schluck vom Roten Hang zu ihrem regulären Speiseplan gehört. Doch das täuscht: Die seit vielen Jahren in Deutschland heimische Chinesin und ihre Familie übernehmen zum 1. März die Geschicke des Niersteiner Traditionshauses „Alter Vater Rhein“. Und Carl Zuckmayers Leibgericht, eben jene gefüllten Klöße, bleiben ebenso auf der Speisekarte wie so mancher gute Tropfen aus der Region.

Es waren wohl eher fromme Wunschgedanken, die der Redakteurin den Text diktierten. Binnen kurzer Zeit entfernte sich das Traditionshaus weitestmöglich von jedweder Gastlichkeit: Küche und Hotellerie – wenn es sie denn noch gibt, worauf nichts hindeutet – dürften selbst Menschen in bitterster Not nicht zu locken vermögen.

Die Pächterin, die in der Zeitung – wie später auch von Stadtbürgermeister Günther – stets mit dem Namen Xinru Fang vorgestellt wurde, ist eine Chinesin, die laut Lokalzeitung seit 2003 in Deutschland lebt und 2008 einen Niersteiner heiratete, mit dem sie in Frankfurt wohnen soll. Nachweislich heißt sie seither Xinru Großkopf, nennt sich jedoch offenbar immer wieder Frau Fang. Warum sie unter zwei Namen auftritt? Als wir sie am Handy erreichten und danach fragen wollten, legte sie gleich wieder auf. Unsere Mails beantwortete sie nicht. Sie wird ihre Gründe haben.

Spuren dieser Frau entdecken wir in Mecklenburg-Vorpommern, wo die heute 41-Jährige vor gut zehn Jahren zeitweilig einen Handel mit bunt gemischtem Allerlei (Souvenirs, Möbel, Schmuck, Baumaterial, Stahl und Schrott, Autos und Reisen) leitete. 2011 wurde die Firma gelöscht.

Die Frau tauchte dann in Eschborn vor den Toren Frankfurts auf, wo sie in einem der großen Bürohäuser eine kleine Firma („G&P UG haftungsbeschränkt“) für Damenbekleidung und Hochzeitsbedarf eröffnete. Laut Handelsregister nannte sie sich jetzt Xinru Großkopf. Die Firma gibt es seit 2013 nicht mehr.

Anfang 2015 gründete sie als anteilige Gesellschafterin und Geschäftsführerin für den Betrieb des Niersteiner Hotel-Restaurants die „Alter Vater Rhein GmbH“ (AG Mainz HRB 46189).

Wenig später wurde unter derselben Adresse die „ASAP Global GmbH“ (HRB 46441) gegründet: Xinru Großkopf ist eine von drei Geschäftsführern – das Unternehmen, das in Rodgau-Dudenhofen eine Niederlassung betreibt, handelt laut Internet-Darstellung mit gebrauchten Straßenbau-Maschinen.

Es folgte wenig später die Gründung der „BBG Germany GmbH“: Geschäftsführende Gesellschafterin ist auch hier Xinru Großkopf, in diesem Unternehmen handelt sie mit Lebensmitteln.

Und schließlich sitzt die Frau in den beiden neu gegründeten Niederlassungen der chinesischen Konzerne: Bei „Germany Hong GmbH“ ist sie Miteigentümerin. Bei der „Germany Motion Technologie GmbH“ sitzt sie mit in der Geschäftsführung. Thomas Günther weiß, was die Firmen machen – sagte er jedenfalls der Zeitung: „Die Germany Hong GmbH stellt Lagerprodukte für Autos, Flugzeugteile und Maschinen her.“ Die Germany Motion Technologie GmbH habe sich „auf den Bau von elektronischen Messgeräten und Modulen spezialisiert“.

Frau Xinru Großkopf muss wirklich ein unternehmerisches Multi-Talent sein! Von Hochzeitskleidung über schwere Baufahrzeuge und Lebensmitteln bis hin zu elektronischen Messgeräten und Lagerprodukten für Autos und Flugzeuge – sie kann offenbar alles.

Ob wirklich alles mit rechten Dingen zugeht? Das weiß derzeit nur sie allein.

Der Briefkasten vorm Schmuddel-Gasthof: Hier hat auch die neue Firma vom ehemaligen SPD-Landrat ihr „Firmenschild“ aufgeklebt.

Günthers Geheimnis: Chinesen-Firma mit dem Ex-Landrat

Als wir vor vier Wochen beim alten Gasthaus an der Großen Fischergasse in Nierstein anklopften, wies das Briefkasten-Namensschild noch auf eine Firma namens „L.Rhein GmbH“ hin, die laut Handelsregister mit Instrumenten und Gerätschaften für Mess- und Regeltechnik handelt und inzwischen nach Frankfurt umgesiedelt sein soll.

Ein weiterer Name am Briefkasten nannte eine „Juncum Global GmbH“, die im Handelsregister leider nicht aufzutreiben ist, weshalb wir konstatieren müssen, dass es sich um eine Fake-Firma handelte.

Die beiden Firmennamen „L.Rhein GmbH“ und „Juncum Global GmbH“ sind inzwischen vom Briefkasten verschwunden, dafür hat jetzt neben dem „Deutschland HBR E.V.“ (ein eingetragener Verein dieses Namens findet sich keinem der uns zugänglichen Vereinsregister) ein neues Unternehmen seinen Sitz in der Großen Fischergasse 4 gefunden: die „Germany Rhein Building and Trading GmbH“.

Als wir im Handelsregister nach Eigentümern und Geschäftsführern nachschauten, erlebten wir eine Überraschung:

Die Gründungsgesellschafter sind:

➜ ein Chinese namens Zhigang Chen (22,5%);

➜ die uns inzwischen bestens bekannte Betreiberin des Gasthauses „Alter Vater Rhein“, die chinesische Multi-Unternehmerin Xinru Großkopf (20%);

➜ der Weinhändler Pierre Boos aus Weinolsheim (22,5%).

und – jetzt kommt’s:

➜ Claus Schick, der ehemalige SPD-Landrat von Mainz-Bingen (20%);

sowie

➜ Thomas Günther, der CDU-Stadtbürgermeister von Nierstein (15%)

Die Namen dieser Fünf erscheinen in der Gründungsurkunde vom 19. Dezember 2017 (UR.Nr. 400/2017 der Notarin Maike Strömer, Frankfurt). Beim Gründungsakt ließ sich Thomas Günther noch von Xinru Großkopf vertreten. Am 27. Dezember 2017 reiste er dann eigens nach Frankfurt, um den Gründungsakt bei Notarin Strömer rechtsförmlich zu genehmigen (UR.Nr. 408/2017).

Da fragen wir uns doch: Welches unternehmerische Interesse hat die fünf Gründungsgesellschafter – vor allem auch die Herren Günther und Schick – geleitet? Aufschluss bietet der Gesellschaftszweck der am 1. März 2018 unter HRB 47991 in das Handelsregister beim Amtsgericht Mainz eingetragenen Gesellschaft:

„Im- und Export von Lebensmitteln aller Art, insbesondere von Wein- und Likörspezialitäten, Spirituosen und nicht alkoholischen Getränken. Ferner die Planung, Beratung und Umsetzung von Bauprojekten sowie die Durchführung von Veranstaltungen und Events im In- und Ausland.“

Ein ziemlicher Gemischtwarenladen. Sicher darf man Thomas Günther, von Hause aus Vertriebler von Solinger Klingen, zutrauen, auch Lebensmittel an den Mann oder die Frau zu bringen. Brisant aber eher – Oppenheim lässt grüßen – das Standbein im Immobiliengeschäft:

Wollen sich die Herrschaften – namentlich der CDU-Stadtbürgermeister und der EX-SPD-Landrat – etwa unternehmerisch am Rhein-Selz-Park beteiligen? Interessant in diesem Zusammenhang: Der Gesellschaftsvertrag der „Germany Rhein Building and Trading GmbH“ gibt Günther und Schick mit ihrem Beteiligungspaket von zusammen 37,5% eine Sperrminorität, also nicht unerheblichen Einfluss.

Immerhin: Bei Gründung der Gesellschaft zeigte Günther – der aktive Kommunalpolitiker – noch eine gewisse Scham. Den Außenauftritt des Unternehmens, nämlich die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft, überließ er Xinru Großkopf – und Claus Schick.

Mit dem Wissen um die Firmenneugründung am 19. Dezember 2017 wird uns heute so einiges klar:

  • Claus Schick war lange Jahre Landrat von Mainz-Bingen, ein strammer SPD-Mann. Bevor er Ende September letzten Jahres in den Ruhestand trat, machte CDU-Mann Günther den Genossen zum Ehrenbürger von Nierstein. Wirklich wegen seiner Verdienste für Nierstein? Oder plante man damals schon die gemeinsame Firma, und wollte Günther seinem alten Kumpel einfach mal was Gutes tun, gerne auch auf Kosten seines Städtchens?
  • Nachdem Claus Schick beim Oppenheimer Neujahrsempfang die Pressekritik an seinen Parteifreund Marcus Held als „Pogrome“ bezeichnet hatte, empörten sich selbst führende Genossen über diese ungeheuerliche Entgleisung. CDU-Mann Günther dagegen schwieg. Jetzt wissen wir warum: Er war bereits mit Schick unternehmerisch aktiv. Private Geschäfte scheinen diesem Mann wichtiger zu sein als politische Moral.
  • Im ganz neuen Licht erscheinen auch Günthers Ausfälligkeiten, nachdem wir im letzten November seine China-Darstellungen kritisch hinterfragt hatten. Seinen Anwalt ließ er schreiben: „Ihr Artikel „Knall in Nierstein: Wo sind nur die China-Firmen?“ erschöpft sich also in einer reißerisch dargebrachten, bloßen Vermutung Ihrerseits, die jegliches journalistische Niveau vermissen lässt und offenbar nur dazu dienen soll, Herrn Thomas Günther in der Öffentlichkeit zu diskreditieren.“

Schon damals wusste Günther, dass er mit Schick, Großkopf & Co. eine eigene Firma gründen wollte. Nur einen Monat später unterschrieb er die Gründungsurkunde mit dem Gesellschaftsvertrag…

Heute dürfen wir vermuten, dass Thomas Günther mit seiner maßlos überzogenen Reaktion und Attacke gegen einen Journalisten nur verhindern wollte, dass das Geheimnis seines privaten Geschäfts jemals publik würde. Beinahe wäre es ihm gelungen: Wer ahnt auch schon, dass ein schlichter Zettel am Briefkasten eines heruntergekommenen Gasthofs zur Gesellschaftsgründung des Stadtbürgermeisters führt?

Und in der Tat: Günther muss die Gesellschaftsgründung im Nachhinein als hochgradig brisant empfinden. Nicht zuletzt, nachdem seinem Ex-Kollegen und Ex-Buddy Held im benachbarten Oppenheim die Verquickung von privaten Interessen und öffentlichem Amt zum Verhängnis geworden war und sich gerade Günter darüber medienwirksam entrüstet gezeigt hatte. Er – Günther – muss wohl gespürt haben, dass er selbst mit der GmbH-Gründung die von ihm vollmundig propagierte „rote Linie“ überschritten hat:

Nur so ist zu erklären, dass Notarin Maike Strömer unlängst, unter dem Datum vom 1. März 2018, eine neue, geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegte. Danach hat Günther seine Gründungsbeteiligung von 15 Prozent zu gleichen Teilen an die Mitgesellschafter Chen, Großkopf und Boos abgegeben. Ob die darüber auch wirtschaftliche Eigentümer der Beteiligung geworden sind oder nur als Treuhänder Günthers fungieren, ist nicht überliefert und anhand des Handelsregisters auch nicht zu verifizieren.

Nicht nur Oppenheim, nein, erkennbar auch in Nierstein gibt es nichts, was es nicht gibt.

Erschienen am 15. März 2018 auf www.der-oppenheim-skandal.de

Knall in Nierstein: Wo sind nur die China-Firmen?

Nierstein liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Skandalstadt Oppenheim, wo SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held über eine unfassbare Serie von Affären stolperte (mehr hier). In Nierstein regiert Thomas Günther, der sich stets der engen Freundschaft zu Marcus Held rühmte.  Unlängst ließ der sich gerne krawallig gebende CDU-Mann über die Lokalzeitung verbreiten, er habe chinesische Firmen aus dem Reich der Mitte in seiner Stadt angesiedelt, notariell sei bereits alles unter Dach und Fach. Wir haben versucht, uns das etwas genauer anzuschauen. Problem: Die Firmen gibt’s nicht.

Das Büro mit der Nummer 19 im Erdgeschoss des Amtsgerichts Mainz sieht genauso aus, wie man sich ein Archiv vorstellt: Aktenberge, wohin man schaut – in den Regalen an den Wänden, im Raum verteilt auf kleinen Schränken, auf den Schreibtischen mit den Computer-Bilderschirmen: Überall liegen Berge von Dokumenten-Stapeln, eingefasst in blass-graugrüne Pappdeckel.

Wir befinden uns im Mainzer Registergericht. Vorne, gleich hinter der Bürotür, sitzt eine Frau, das Türschild weist sie als „Justizbeschäftigte“ aus, sie ist ungemein nett und hilfsbereit, sie tippt unermüdlich die von uns genannten Firmennamen in den Computer ein, klickt dann auf „suchen“ – und wieder: nichts.

„Ne“, meint sie nach einem halben Dutzend erfolgloser Versuche, „das wird nichts: Die Firmen, die Sie suchen, die gibt’s gar nicht.“

Und damit haben wir jetzt ein Problem: In der Zeitung hatten wir gelesen, dass chinesische Firmen ante portas stünden. „Das ist notariell unter Dach und Fach“, hatte sich der Stadtbürgermeister von der Lokalzeitung am 7. November zitieren lassen. Bereits am 28. September hatte die Presse geschrieben: Nach Angaben von Thomas Günther „handelt es sich bei den am 22. September gegründeten Firmen um Tochterunternehmen chinesischer Konzerne mit Sitz in Nierstein“.Das ist eigentlich unmissverständlich formuliert. Doch dann kriegen wir als Auskunft beim zuständigen Amtsgericht von der netten Frau gesagt: nichts. Die Firmen gibt’s gar nicht.Wir stecken wieder mittendrin in einer dieser rheinhessischen Geschichten, in denen mächtig laut auftretende Bürgermeister wie zu prall aufgeblasene Luftballons wirken: Sticht man rein, gibt’s ’nen Knall. Oppenheim kennt das inzwischen zur Genüge, dort ist, um im Bild zu bleiben, der Luftballon bereits geplatzt.

Und jetzt auch du, Nierstein?

Nierstein, 7800-Seelen-Städtchen im Landkreis Mainz-Bingen.

Passabler Kommunalpolitiker mit falschem Parteibuch

In dem 8000-Seelen-Städtchen regiert seit Jahr und Tag Stadtbürgermeister Thomas Günther. Er fungiert zugleich – diese „Profession“ kennen wir ja auch aus dem Oppenheimer Rathaus – als Beauftragter der Verbandsgemeinde Rhein-Selz, in seinem Fall für die „Entwicklung Rhein-Selz Park, Nierstein“, dotiert mit 600 Euro monatlich (steuerlich geschickt gesplittet in 150 Euro steuerfreie Ehrenamtspauschale und 450 Euro, die der Pauschalbesteuerung durch die Verbandsgemeinde unterliegen).

Günthers Stadt Nierstein ist, das aber nur am Rande, ebenso wie die Verbandsgemeinde Rhein-Selz mit einem Geschäftsanteil von nominal 7.500 Euro an der Rhein-Selz Park Nierstein GmbH beteiligt. Die Gesellschaft ist mit einem Stammkapital von 30.000 Euro im Handelsregister Mainz eingetragen (HRB 44521). Ihr Zweck ist primär die „Entwicklung und Verpachtung des Geländes der ehemaligen Kaserne Dexheim, heutiger Rhein-Selz-Park Nierstein“. Weshalb sich die Frage aufdrängt: Was kann Günthers Aufgabe als (bezahlter) Beauftragter für den Rhein-Selz Park sein – wo dessen Zukunft doch sicherlich bereits originär im Aufgabenfeld des Stadtbürgermeisters von Nierstein liegt? Aber naja: Der Kreativität bei der Schöpfung von Ämtern ist im Gebiet der Verbandsgemeinde Rhein-Selz bislang offenbar keine Grenze gesetzt.

Aus Sicht der roten Oppenheimer ist Thomas Günther jedenfalls ein ganz passabler Kommunalpolitiker mit dem falschen Parteibuch: Günther ist Mitglied der CDU. Unter den Christdemokraten in der Region wiederum gibt’s eine ganze Menge, die zwar zu einem ähnlichen Urteil hinsichtlich des Parteibuchs kommen, freilich aus anderem Blickwinkel: Günther suche allzu bemüht die Nähe zu regionalen SPD-Granden, sagen sie, und er agiere oftmals derart ungeniert unter der Patenschaft des informellen SPD-Oberhaupts Michael Reitzel gegen seine eigenen Parteifreunde, dass man ihn politisch kaum noch bei der CDU verorten könne.

Eines allerdings bescheinigen ihm selbst seine heftigsten Kritiker: Als Stadtbürgermeister habe er für Nierstein gut was geschafft. Die Gemeinde habe sich proper entwickelt, wirtschaftlich und finanziell stehe sie weitaus besser dar als das darbende Oppenheim mit seinem SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held. Nierstein, so heißt es, könne mit gesundem Optimismus nach vorne schauen.

Und jetzt dieses Desaster: Zwei chinesische Firmen sollen laut dem Stadtbürgermeister bereits vor Wochen Niederlassungen in Nierstein gegründet haben. Aber beim Amtsgericht in Mainz, wo das für Nierstein zuständige Handelsregister jede Firmen-Neugründung und jede Errichtung einer Niederlassung penibel in diese graugrünen Aktendeckel einsortiert, weiß man nichts davon.

Was läuft da schief? Plustert sich auch hier der Bürgermeister eines kleinen Städtchens mit Doppelfunktion als Beauftragter der Verbandsgemeinde Rhein-Selz auf, um Eindruck bei Bürgern in der Stadt und Region zu schinden? War der Wunsch nach Beachtung der Vater seiner fernöstlichen Erzählungen, mit denen ihn die Zeitungsredakteure in gutes Licht rücken sollten?

Oder sollten wir, das wollen wir niemals ausschließen, bei unseren Recherchen irgendetwas übersehen haben?

Gehen wir der Reihe nach alles noch einmal durch:

In Oppenheim hatte Helmut Krethe, lokaler Fremdenverkehrs-Experte kraft Beigeordneten-Amtes, bereits vor gut anderthalb Jahren verkündet, er wolle Chinesen nach Oppenheim locken. „Unser Ziel ist es, einen Fuß in den asiatischen Raum zu kriegen“, sagte Krethe damals. Die Zeitung schrieb’s, natürlich; es blieb allerdings bei der Ansage: Von einem vermehrten Aufkommen von Touris aus dem Land des Lächelns hat man nie was gehört.

Vor gut sechs, sieben Wochen unternahm Krethe einen neuen Anlauf: Zusammen mit seinem Rathaus-Kollegen Hansjürgen Bodderas wollte er nunmehr Vietnamesen in die Stadt lotsen. Wir haben darüber berichtet: Zu nachtschlafender Stunde waren die beiden Beigeordneten in einen Zug gestiegen und nach Berlin gefahren, wo sie den zuständigen Botschafter aufsuchten. Noch schnell ein Foto für Facebook – und abends ging’s schon wieder heim. Hier verrieten die Rathaus-Politiker der lokalen Presse, dass der Spaß echt günstig gewesen sei, das Sparticket habe nur 224 Euro gekostet.

Auf der Homepage der Stadt Oppenheim heißt es seitdem: „Vietnam meets Oppenheim“.

So ist das in Oppenheim.

Zeitung jubiliert: Höchstes Interesse in China an Nierstein

Vom Nachbarort Nierstein aus hatte der auch als listig beschriebene Günther das alles ganz stickum beobachtet, um sodann seinen eigenen Plan zu verfolgen: Er ließ sich von einer Chinesin, die in seiner Stadt ein Restaurant betreibt, eine Reise in die ferne Volksrepublik organisieren. Und flog kurzerhand hin – mit der Chinesin „im Gepäck“, zwei Beigeordneten aus seinem Rathaus sowie, unter anderem, Ex-Landrat Claus Schick, einem strammen SPD-Mann, den Günther kurz zuvor, da kennt er weder Scham noch Schmerz, zum Ehrenbürger von Nierstein ernannt hatte.

„Nierstein goes China“ titelte die Lokalzeitung. Das dürfte Günther gefallen haben, klang es doch irgendwie nach Feldzug, nach Eroberung. Zehn Tage tourte die Truppe durch die Volksrepublik – und was Thomas Günther dann erzählen konnte, das stellte die Sparticket-Zugfahrer aus Oppenheim ganz tief in den Schatten:

„Mehrere Unternehmen aus dem Reich der Mitte haben höchstes Interesse an Grundstücken im Rhein-Selz-Park angemeldet oder sich schon Areale gesichert“ So jubilierte die Zeitung auf der ersten Seite ihres Lokalteils. Der für die Überschrift vorgesehene Platz war zu klein, um alle guten News zu nennen: „Chinesen sichern sich Grundstücke – Investor aus dem Reich der Mitte will in Nierstein private Fachhochschule bauen – Erste Verträge“.

Die popelige Vietnamesen-Akquise der Oppenheimer in der Bundeshauptstadt wirkte neben Günthers Zehn-Tage-Trip wie eine brave Wunderkerze neben einem grandiosen Feuerwerk aus China-Böllern: Da besucht ein 61-jähriger Bürgermeister aus einem kleinen rheinhessischen Städtchens zum ersten Mal in seinem Leben das Reich der Mitte – und kommt zurück mit tollen Firmen, großartigen Investitionen und neuen Arbeitsplätzen.

Günther, daheim nunmehr als ausgewiesener China-Kenner unumstritten, erklärte den Lokaljournalisten, wie er Lage und vor allem Zukunft von Chinesen und Niersteinern sehe: „Die wollen verstärkt in den europäischen, den deutschen Markt.“ Nierstein mit der Nähe zum Frankfurter Flughafen sei für die asiatischen Unternehmer überaus attraktiv. „Vor allem aber auch, weil wir Fläche bieten können.“

Frau Großkopf managt alles

Jetzt, nach Tagen aufgeregter Schnappatmung angesichts dieses Günther-Coups, fangen wir langsam wieder an, normal zu denken. Und würden gerne mit dem Bürgermeister persönlich darüber reden: Wie konkret und sicher sind die Firmen-Zusagen, wer sind die Unternehmen eigentlich genau, was planen sie, wie viele Arbeitsplätze sollen entstehen…

Als wir Günter an seinem Handy erreichen, reagiert er – nun, wie besagter Luftballon. Ein Knall – Günther fängt sofort an zu schreien: Er werde niemals auch nur ein Wort mit dem Autor dieser Webseite reden! Er spreche nicht mit „bezahlten Journalisten“! Niemals! Er rede nur mit den Redakteuren von der Lokalzeitung!

Als er wegen Luftholens kurz innehalten muss, können wir ihm zurufen: Genau darum gehe es doch, eben um das, was in den Zeitungen stand, das hätte uns ein wenig irritiert…

Unklar, ob Günther das noch mitbekommen hat. Er hat einfach aufgelegt.

Schade! Dann müssen wir leider ohne seine Stellungnahme schreiben, was wir herausgefunden haben:

Die erste Feststellung ist nur eine Kleinigkeit: Die Chinesin, die als „Türöffnerin“ an Günthers Seite mitreiste, betreibt als „Geschäftsführerin“ in der Großen Fischergasse in Nierstein das alte Restaurant „Alter Vater Rhein“. Im Jahr 2015 lautete eine Überschrift in der Zeitung: „Xin Ru Fang übernimmt Niersteiner Traditionsgasthaus“.

In den aktuellen Berichten hingegen (zum Beispiel hier) schreibt die Zeitung, Günthers Reise sei von Xinru Fang mitorganisiert worden. Xinru in einem Wort – jetzt endlich korrekt!

Nun ist ein falsch geschriebener Vorname in der Zeitung, in der Überschrift zumal, sicher peinlich, aber ansonsten natürlich nicht weiter dramatisch. Uns plagt auch etwas ganz anderes:

Im Impressum von der Webseite ihres Restaurants heißt Frau Fang korrekt Frau Großkopf.

Die Frau, die Bürgermeister Günther immer als Frau Fang ausgibt, heißt in Wahrheit Frau Großkopf. So steht es auch auf der Webseite des Gasthofs „Alter Vater Rhein“.

 

Frau Fang heißt gar nicht Fang. Sie heißt Frau Großkopf. Xinru Großkopf – so steht’s ganz hinten auf der Webseite ihres Restaurants. Den Namen Xinru Großkopf finden wir auch im Handelsregister, wo sie als Geschäftsführerin der Firma Asap Global GmbH ausgewiesen ist, die Baumaschinen und Baustoffe vertreibt. Als Geschäftsadresse dieses Unternehmens ist die Große Fischergasse in Nierstein angegeben, die Hausnummer ist identisch mit der des Restaurants „Alter Vater Rhein“.

Und dann gibt’s unter eben dieser Adresse noch eine weitere Firma, die nennt sich BBG Germany GmbH und handelt laut Handelsregister mit Nahrungsmitteln. Auch hier wird die Geschäftsführerin mit Xinru Großkopf angegeben.

Das hätten wir Günther schon gerne gefragt: Warum nennt er Frau Großkopf immerzu Frau Fang? Sagt er Frau Fang, weil die das von ihm so verlangt? Oder weil Fang so schön chinesisch klingt und mehr Eindruck macht? Oder gibt’s andere Gründe?

Großes Durcheinander bei den Firmennamen

Ähnlich unklar und mithin verwirrend verhält es sich bei den Firmen, deren Gründung notariell längst unter Dach und Fach und deren Nierstein-Invest nach Günthers Darstellung längst vertraglich besiegelt sein soll:

Die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ gab den Namen der ersten Firma am 28. September 2017 mit „Germany Hong GmbH“ an; am 7. November 2017 dagegen schreibt sie von einem Unternehmen namens „German Hong GmbH“.

Mal mit, mal ohne „y“: Das ist natürlich keine große Sache. Das Problem, das sich auftut: Die nette Dame beim Handelsregister hat beide Namen gecheckt – eine Firma mit einem dieser Namen ist nicht existent.

Die zweite Firma wird in der „Allgemeinen Zeitung Landskrone“ zuerst „Germany Emotion Techonology GmbH“ genannt. Dann – gleiche Zeitung, neuer Tag, anderer Artikel – heißt das Unternehmen plötzlich „German Motion Electronic GmbH“. Die Unterschiede sind jetzt gravierend, die nette Dame im Registergericht tippt jeden Namen ein, kann am Ende aber auch nicht weiterhelfen: Auf keinem dieser Namen lässt sich eine Firma zuordnen.

Vollends verwirrend wird es, wenn wir in die „Lokale Zeitung“ schauen, die in der Medien Verlag Reiser GmbH in Mainz-Gonsenheim erscheint: Die berichtet von zwei Firmen, „die vor acht Wochen eine Zweitniederlassung in Nierstein gegründet haben“ – hier heißen sie „German Motion Electronic Group“ und der „German Hong Group“. „Group“ klingt natürlich ein wenig weltläufiger als „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“, hilft uns bei der Wahrheitssuche aber auch nicht richtig weiter.

Und nun? In der Zeitung konnten wir am 28. September lesen: „Wie Niersteins Stadtbürgermeister Thomas Günther berichtete, handelt es sich bei den am 22. September gegründeten Firmen um Tochterunternehmen chinesischer Konzerne mit Sitz in Nierstein.“ Da kann was nicht stimmen: Firmen (zumal GmbHs) werden bei einem Notar gegründet – und der schickt die Daten umgehend übers Internet ans Handelsregister. Wenn die Firmen in Nierstein ansässig sein sollten (selbst wenn dort nur Niederlassungen errichtet wären und der jeweilige Firmensitz andernorts wäre), müssten ihre Daten beim Amtsgericht in Mainz liegen. Das tun sie nicht.

Die nette Dame im Registergericht hat übrigens in ihrem Computer auch deutschlandweit nach den Firmen gefahndet: Fehlanzeige allerorten!

Da nimmt sich kaum verwunderlich aus, was uns zuletzt an diesem 15. November aus dem Bauamt der Verbandsgemeinde Rhein-Selz zugetragen wird: Irgendwelche Grundstückskaufverträge mit chinesischen Investoren im Rhein-Selz Park sind der Verbandsgemeinde bis dato nicht vorgelegt worden. Das müssten sie aber, weil dort zwingend über die Ausübung gemeindlicher Vorkaufsrechte zu entscheiden wäre.

Was hat uns der Thomas Günther da nur erzählt?

Vielleicht wird alles ein bisschen viel für ihn. Angesichts seiner vollmundigen Versprechungen blühender Landschaften in der trist-öden Walachei des früheren Army-Areals am Rande Niersteins wird dem einen und anderen Bürger des Städtchens längst schwindelig:

„Beeindruckend, was im Rhein-Selz-Park alles angesiedelt werden sollte und soll. Chinesische Vertriebsorganisationen, eine private chinesische Fachhochschule, eine Saunalandschaft mit Hotel, ein Trainingsgelände für Sicherheitskräfte, ein Autohof, Gewerbe, ein Gründerzentrum…“

So schrieb dieser Tage ein Leserbriefschreiber, es klang bang und besorgt:„Gibt es, außer Ideen und Hoffnungen, Wunschvorstellungen und Zufälligkeiten, auch substanzielle Strategien und konkrete Pläne für die Entwicklung des Rhein-Selz-Parks? Ganz zu schweigen von Transparenz und Bürgerbeteiligung.“

Und dabei hat der Mann noch gar nicht alles genannt. Es ist ja auch noch ein Ferienpark für Kuwaitis geplant – mit hunderten Appartements, mit Schwimmbädern, Spiel- und Sportstätten, Shops und Restaurants… Die leuchtende Zukunft Niersteins ist in einem Youtube-Film, der Anleger locken soll, längst vorgezeichnet.

Mit diesem Film wird im Internet für einen Ferienpark geworben, der auf dem Gelände der früheren US-Kaserne in Nierstein entstehen soll – für Kuwaitis.

Schönes Wohnen am Rande von Nierstein, viele neue Firmen, Millionen-Investitionen, alles angeblich in Planung, und obendrein soll’s noch eine gigantische Offroad-Bahn geben, die das beschauliche Weinbaugebiet, glaubt man den Befürchtungen der Anwohnern, in eine lärmende Hölle verwandeln wird…

Glaubt man Thomas Günther: Alles kein Problem in diesem kleinen 8000-Seelen-Städtchen.

Wirklich nicht?

Erschienen am 15. November 2017 auf www.der-oppenheim-skandal.de

Hunzinger-Firma kriegt die Krise

Moritz Hunzinger schwer unter Beschuss: Der frühere Promi- und Polit-Berater aus Frankfurt soll mit einem Unternehmen namens Cashcloud ganz bös’ Schiffbruch erlitten haben. In Unternehmerkreisen sei „von möglicher Insolvenzverschleppung“ die Rede, schreibt das Manager Magazin. Vollmundig betriebene Börsenpläne seien total gefloppt, der 57-Jährige stehe seit Monaten „offenbar mit dem Rücken zur Wand“, weshalb das Unternehmen jetzt kurzerhand verkauft („Notverkauf“) und umbenannt (in „InFin Innovative Finance AG“) worden sei.

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Der Anwalt und sein Roter Adam

Als Anwalt hat er Schlachten vor Gericht ausgetragen, die in die Rechtsgeschichte Hessens eingehen werden. Er verhalf vier Steuerfahndern, die mit Falschgutachen für verrückt erklärt und von der Behörde zwangspensioniert worden waren, zu Schadensersatz in insgesamt sechsstelliger Höhe. Mit seiner Hilfe wurde ein Frankfurter Kriminalbeamter, der von der heutigen LKA-Chefin jahrelang mit falschen Anschuldigungen ausgegrenzt worden war, vollständig rehabilitiert, der Mann bekam dazu 8000 Euro Schmerzensgeld. Er erkämpfte für einen Polizeiführer, der bei einer Beförderung vom damaligen Innenminister Bouffier widerrechtlich übergangen worden war, 50.000 Euro…

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Das Wasser-Komplott

Eine bittere Lehrstunde muss Hessens Landesregierung derzeit hinnehmen: Es ist noch gar nicht
so lange her, da hatte sie vollmundig versprochen, die Wasserpreise im Land spürbar und nachhaltig zu senken. Jetzt muss sie hilflos mit- erleben, wie sie von Kommunalpolitikern ausgetrickst und vorgeführt wird. Ärgerlich: Uns Verbraucher kommt das teuer zu stehen. 

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Krimi im Bankenturm

Sex, Drugs & Rock’n’ Roll in der Landesbank Hessen-Thüringen: Eine Mitarbeiterin der exklusiven Chefetage hoch oben im Frankfurter Main Tower wird als Drogendealerin enttarnt. Ein Sparkassenpräsident versucht recht stümperhaft, ein Vorstandsmitglied zu feuern. Und jetzt werden diese Geschichten auch noch an die Öffentlichkeit gezerrt, kommen vor Gericht. Spurensuche in einer Welt, die sich gewöhnlich abschottet und viel auf Diskretion und Seriosität gibt. Normalerweise…

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